Mieter schließen sich zum Hauskauf zusammen
Nach dem Tod ihres Vermieters haben sich die Bewohner eines Hauses in der Saarbrücker Innenstadt zusammengetan und gehen einen im Saarland bislang einzigartigen Weg. Sie gründen eine GmbH, übernehmen das Haus und werden ihre eigenen Vermieter: das Modell "Mietshäuser-Syndikat".
150 Jahre alt ist das Haus in der Saarbrücker Innenstadt - von den Bewohnern liebevoll "R6" genannt. Als der langjährige Besitzer 2016 verstarb, fiel es an eine Erbengemeinschaft und wurde 2017 an einen Unternehmer verkauft. Die Mieter standen vor der bangen Frage: Was wird jetzt aus uns?
"Wir haben uns zusammengetan, damit wir dem neuen Vermieter gegenüber eine Stimme haben", sagt Matthias, einer der sieben Bewohner und Bewohnerinnen des Hauses. Einstimmig wollte man die gemeinsame Wohnform behalten und fragte schließlich den neuen Vermieter, warum eigentlich das Haus nicht dauerhaft denen gehört, die es bewohnen – den Mietern also?
Besitzen statt besetzen
"Die Kernidee ist, dass wir als Mieter zusammenhalten und eine Struktur erschaffen, die in der Lage ist, das Haus zu kaufen", erklärt Matthias. "Weil wir alle nicht reich sind, können wir das Haus selbst nicht kaufen. Deshalb brauchen wir sozusagen einen geschäftlichen Strohmann. Das ist in unserem Fall die GmbH."
Die Idee hat ihre Wurzeln unter anderem in der Hausbesetzer-Szene, ist mittlerweile aber längst auch im etablierten Wohnumfeld verankert. Der kühne Plan, als finanzschwache Hausgemeinschaft eine Immobilie zu erwerben, stammt aus den 1980er Jahren. Das Freiburger Mietshäuser-Syndikat entwickelte daraus eine Blaupause und hat mittlerweile über 150 Projekte bundesweit erfolgreich begleitet.
Dauerhaft bezahlbares Wohnen
Die Mieter selbst sind im Hausverein organisiert. Der gründet eine GmbH und wird zusammen mit der Mietshäuser-Syndikat GmbH Anteilseigner dieser eigenen GmbH. Der Hauskauf läuft klassisch über Kredite, teils über Banken und teils über Direktkredite von privaten Geldgebern.
Die Bewohner bleiben Mieter ihrer GmbH. Die Beteiligung des Mietshäuser-Syndikats als zweitem Gesellschafter verhindert per Statut, dass das Haus jemals wieder verkauft wird. Am Ende gehört es also einer rechtlichen Struktur, die dauerhaftes, bezahlbares Wohnen ermöglicht.
Viel Absprachebedarf
Die Bewohner sind allerdings auch in einem stetigen Rollenwechsel: Einmal als Mieter, der Interesse an konstanten Mieten hat, dann aber über den Verein gleichzeitig als auch Vermieter, der bestimmte bauliche Veränderungen refinanzieren muss.
Das erfordert Geduld, gute Organisation und vor allem viele Absprachen. Vielleicht mit ein Grund, warum das Modell Mietshäuser-Syndikat erst jetzt im Saarland angekommen ist.
Über dieses Thema berichtete "Der Morgen" auf SR 2 KulturRadio am 9.10.2020.
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„Wem gehört das Saarland?“ ist eine Kooperation von SR und Correctiv und Teil einer Recherche-Serie für mehr Transparenz auf dem Wohnungsmarkt.