Das Ergebnis der AfD auf kommunaler Ebene bereitet Sorgen
Das Saarland hat gewählt. Im Landesschnitt sind SPD und CDU auf kommunaler Ebene noch immer große Parteien. Aber drittstärkste Kraft ist die AfD. Knapp neun Prozent hat sie landesweit bei den Gemeinderatswahlen erreicht. Doch die Zahl trügt und sie lässt die Politik mit vielen Fragen zurück. Ein Kommentar von Janek Böffel aus der SR-Politikredaktion.
Knapp neun Prozent landesweites Ergebnis bei der Kommunalwahl. Das klingt nach gar nicht mal so viel für die AfD – vor allem, wenn man nach Europa und auf das dortige Ergebnis schaut.
Die Zahlen täuschen
Die AfD hat diese neun Prozent erreicht, obwohl sie nur in 34 der 52 saarländischen Kommunen angetreten ist. In der Landeshauptstadt war sie aufgrund ihrer innerparteilichen Streitigkeiten gar nicht erst wählbar. So steht am Ende ein deutlich besseres Ergebnis auf kommunaler Ebene. Und das muss Sorgen bereiten, denn es ist deutlich schwieriger zu erklären, als das Ergebnis der Europawahl.
Brüssel ist weit weg, aber Ortsräte?
Dort mag man argumentieren, Brüssel ist fern, das Kreuz aus Protest dafür umso näher. Und was die Abgeordneten dort überhaupt im Europaparlament so treiben – man muss so ehrlich sein: Die Wenigsten wissen es.
Doch zweistellige Ergebnisse in der Kommune zuhause vor Ort bei den Menschen? In der politischen Einheit, die doch vorgibt, den Bürgern am nächsten zu sein. Dort, wo die Wege kurz sind, wo doch jeder jeden kennt und jeder hören könnte, was die AfD denn zur Arbeit im Rat beiträgt und als Antwort oft bekommen würde: nichts.
Denn wer die Räte im Land verfolgt, hört vor allem zwei Dinge, wenn es um die Arbeit der AfD geht: Streit in den eigenen Reihen oder Untätigkeit.
Saarbrücken, Saarlouis, Sulzbach...
In Saarbrücken, wo die Partei so zerstritten ist, dass sie am Ende nicht wählbar war, kommt noch ein komplexes System des Sich-Gegenseitig-Beschäftigens dazu.
Doch all das hat für einen beträchtlichen Teil der Menschen im Land keine Rolle gespielt. In Saarlouis stimmen elf Prozent für den AfD-Landesvorsitzenden Carsten Becker als Oberbürgermeister, obwohl dessen Nähe zu Rechtsextremen hinlänglich bekannt ist. Es ist zu hoffen, dass sie trotzdem und nicht deswegen für ihn gestimmt haben.
In Sulzbach, wo die Partei im internen Streit im Gemeinderat am Ende nicht einmal mehr AfD hieß, wurde sie dafür nicht etwa abgestraft, sondern mit fast 21 Prozent belohnt. Jeder Fünfte wählte eine Partei, die im Rat nicht mehr wie sie selbst heißen wollte.
Und so lässt dieses Wahlergebnis das Land und seine Politik vor allem mit Fragen zurück. Ja, auch die Menschen, die am Sonntag die AfD gewählt haben, müssen die Frage gefallen lassen, was sie ihrer Kommune damit angetan haben.
Kommunen bräuchten eigentlich gemeinsames Anpacken
Natürlich, noch sind – anders als im Osten der Republik – Mehrheiten jenseits der AfD gut möglich. Aber sie sind schwerer geworden. Und die Herausforderungen für die Städte und Gemeinden sind ohnehin schon groß, da braucht es ein gemeinsames Anpacken und nicht eine Partei, die kommunal irgendwo zwischen inhaltsleer und Fundamentalopposition steht.
Doch die Kernfragen richten sich an die Politik. Warum selbst in der vorgeblich unmittelbarsten politischen Ebene, in der Gemeinde, dort, wo der Rat doch eigentlich nah dran an den Bürgern sein müsste, warum selbst dort, AfD gewählt wird. Und das ist die große Herausforderung. Denn das Diktum, man müsse die AfD inhaltlich stellen, verfängt hier nicht.
Sind selbst die Ortsräte zu weit weg von den Menschen?
Die AfD liefert auf kommunaler Ebene fast flächendeckend nichts, womit sich inhaltlich auseinanderzusetzen wäre. Inhaltliche Konfrontation läuft in den Städten und Gemeinden zu oft ins Leere.
Dass die AfD trotzdem ein solches Ergebnis einfahren konnte, ist möglicherweise Ausdruck eines anderen, größeren Problems. Nämlich, dass selbst in den kleinen Gemeinden – und nicht nur in den größeren Städten – die Räte längst zu weit weg sind von den Menschen.
So weit, dass sie selbst das, was dort, in der unmittelbarsten Ebene von Politik beraten und entschieden wird, vor Ort, zuhause, einen Großteil der eigenen Bürger nicht mehr interessiert oder es sie nicht erreicht. Denn sonst hätte die AfD diese Ergebnisse nicht eingefahren.
Die Kommunalwahlen im Saarland
Ein Thema in der "Region am Nachmittag" am 10.06.2024 auf SR 3 Saarlandwelle