SJV-Jubiläum mit ENSEMBLE-Verleihung
SR erneut Mitstifter des ENSEMBLE-Nachwuchspreises
Der Saarländische Journalistenverband (SJV) hat am Freitag, 12. Mai, im Saarrondo am Saarbrücker Eurobahnhof seinen 75. „Geburtstag“ mit einem Festakt und der doppelten Verleihung des Nachwuchspreises „ENSEMBLE“ gefeiert.
75 Jahre SJV
Der SJV wurde am 13. Dezember 1947 gegründet, also zwei Tage bevor die Verfassung des Saarlandes von der Gesetzgebenden Versammlung des Saarlandes verabschiedet wurde.
Nach Jahren der Gängelung, der Einschränkungen, der Zensur war eine Berufsorganisation überlebenswichtig, in den Folgejahren gewann der gewerkschaftliche Aspekt der Verbandsarbeit immer mehr an Bedeutung. Bei seiner Gründung zählte der SJV rund 100 Mitglieder, heute sind es rund 500. 1956 wurde der SJV Teil des Deutschen Journalisten-Verbandes und erstritt mit diesem gemeinsam Tarifverträge und Mitbestimmungsrechte für Journalistinnen und Journalisten an Tageszeitungen sowie im Rundfunk.
Schwerpunkte waren etwa die Vertretung und Absicherung freier Journalistinnen und Journalisten insbesondere im Rundfunkbereich – da leistete der SJV bundesweit Pionierarbeit; die Abwehr von Eingriffen in die Redaktionshoheit etwa durch das von Oskar Lafontaine initiierte Gegendarstellungsrecht; der Kampf um einen Haustarifvertrag bei der Saarbrücker Zeitung; Mitbestimmungsrechte beim Saarländischen Rundfunk. In den letzten Jahren konzentriert sich der SJV auf die Verteidigung der Presse- und Meinungsfreiheit, berufsspezifische Weiterbildung an und engagiert sich vielfältig im Bereich Medienerziehung und Medienkompetenz.
Journalistinnen und Journalisten schützen, Presse- und Meinungsfreiheit verteidigen
„Guter Journalismus ist heute wichtiger denn je, gleichzeitig werden aktuell so viele Angriffe auf Journalistinnen und Journalisten gezählt wie noch nie,“ erklärte die SJV-Vorsitzende Ulli Wagner. Sie forderte zum 75. des SJV, mit Fakten-Checks und Hintergründen den Desinformationskampagnen etwas entgegenzusetzen. Nur so könnten wir letztendlich unsere Demokratie schützen. „Ohne Presse- und Meinungsfreiheit hat Demokratie keine Überlebenschance, das erleben wir gerade in immer mehr Ländern.“
ENSEMBLE-Preis für mutige Recherche und unvoreingenommenen Blick
Im Anschluss an den Festakt zum 75-jährigen Bestehen des Saarländischen Journalistenverbandes (SJV) im Saarrondo in Saarbrücken wurde am Freitag, 12. Mai, der Journalisten-Nachwuchspreis ENSEMBLE für herausragende Beiträge zum Thema Migration und Integration gleich doppelt verliehen – an die Gewinnerinnen und Gewinner der 4. Ausschreibung #ENSEMBLE21 und die der 5. Ausschreibung #ENSEMBLE23.
Der Journalisten-Nachwuchspreis ENSEMBLE geht auf den verstorbenen saarländischen Journalisten Bernhard Weiland zurück. Er wurde 2012 vom Saarländischen Journalistenverband, SJV, im Auftrag der Bernhard-Weiland-Stiftung und der Partner Saarländischer Rundfunk und Saarbrücker Zeitung zum ersten Mal ausgelobt und 2013 zum ersten Mal verliehen. Der Preis ist in vier Kategorien aufgeteilt, insgesamt mit 8.000 Euro dotiert und hat das Ziel, zu einem besseren und differenzierteren Verständnis beizutragen und den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft zu stärken.
Die Jury-Vorsitzende Ikbal Berber betonte in ihrer Rede die Bedeutung von Journalismus als wichtige Säule der Demokratie. Wörtlich sagte sie: „Es muss mehr erklärt, unterschiedliche Gruppen in der Gesellschaft einander nähergebracht, die Chancen und Vorteile der Einwanderung öfter hervorgehoben werden – ohne die Herausforderung, die durch Einwanderung entsteht, zu verschweigen. Ein gemeinsames ‚WIR‘ schaffen. Darauf achten, dass die Grenze zwischen ‚wir‘ und ‚ihr‘, ‚wir‘ und ‚sie‘ nie entlang einer ethnischen Linie verläuft.
Ich bilde mir nicht ein, dass Journalist*innen alles ändern können. Aber ich weiß, dass sie mit Wissen, Recherche, kritischem Hinterfragen, manches, was behauptet wird, in Frage stellen und korrigieren und somit zum Besseren beitragen können. Das haben wir in den Beiträgen gesehen, die uns eingereicht und von uns prämiert wurden.“
#ENSEMBLE21
In der Kategorie Text ging der ENSEMBLE-Preis 21 an Anna-Sophie Barbutev und Noemi Harnickell für ihren Artikel „Würden Sie diesen Mann entlassen?“, der am 28.05.2020 in der „ZEIT“ veröffentlicht wurde – nachzulesen unter: https://drive.google.com/file/d/1WS-jKDfU72QB8lW45Zod9C-So1c3b8NP/view?usp=sharing
Die Jury begründet dies unter anderem damit:
„Der sehr gut recherchierte Artikel, der fast alle Betroffenen zu Wort kommen lässt, führt uns vor Augen, wie wir uns im Alltag im interkulturellen Kontext meist verhalten: Wir verwenden selbstverständlicher Weise unsere soziokulturellen Codes, wenn wir Handlungen oder Geschehnisse interpretieren oder beurteilen.“
Den ENSEMBLE-Preis 21 in der Kategorie Audio bekamen Kokutekeleza Musebeniund Malcolm Ohanwe, für ihr Feature „Afroshops - Haare, Haut und Schwarzes Deutsches Unternehmertum veröffentlicht am 01.03.2020 in der Sendung „Zündfunk Generator“ von Bayern 2 – nachzuhören unter: https://www.br.de/radio/bayern2/sendungen/zuendfunk/afroshops-haare-haut-und-schwarzes-deutsches-unternehmertum-106.html
Ein Auszug aus der Begründung der Jury:
„In ein vermeintlich oberflächliches, seichtes Thema sind sehr viele tiefgründige Informationen eingefügt: Flucht durch die Sahara, Sklavenhandel in Libyen, Pseudokomplimente, kulturelle Aneignung, Alltagsrassismus, Identität der schwarzen Deutschen und der Zusammenhang zwischen dieser Identität und den Afroshops…. Alles leicht, locker und unterhaltsam erzählt.“
Der ENSEMBLE-Preis 21 in der Kategorie Multimedia ging an das Multimedia-Projekt „Sturm über Chemnitz“ der Journalismus-Studierenden der Hochschule Mittweida im Sommer 2019, erstmals veröffentlicht am 28.08.2019 auf der Website chemnitz.yournalism.de
In der Begründung der Jury heißt es unter anderem:
„Der lange, mit vielen Informationen beladene Beitrag ist so gegliedert, dass jedes Teil für sich und getrennt gesehen oder gehört werden kann. Detailinformationen, Belege und Verweise zu bestimmten Personen oder Sachverhalten können bei Interesse separat angeklickt werden. So wird der Bericht in seinem Fluss nicht gestört. Sehr gut recherchiert, kritisch hinterfragt, macht die Lesenden/ Hörenden und Zuschauenden neugierig und nimmt sie mit auf die Suche nach dem, was wirklich geschehen ist. Professionelle journalistische Arbeit.“
#ENSEMBLE23
In der Kategorie Text ging der ENSEMBLE-Preis 23 an Laura Cwiertnia für ihren Artikel „Die Vergessenen“, veröffentlicht am 28.04.2022 im „ZEIT Magazin“ – nachzulesen unter: https://drive.google.com/file/d/1WPQWxEu9ZxvcE4pSbb90y_AuonAT59NE/view?usp=sharing
Die Jury begründet dies unter anderem damit:
„Laura Cwiertina macht auf eine Gruppe in der Zeit der großen Arbeitsmigration in Deutschland der sechziger Jahre aufmerksam: „Die Gastarbeiterinnen“, „Die Vergessenen“. Einfühlsam und spannend schreibt sie über diese Frauen, die jetzt „Großmütter“ sind und das Erwerbsleben schon lange hinter sich gelassen haben. (…) Sie hat gut recherchiert. Es wurde nicht beim Erzählten, Empfundenen, Privaten, Subjektiven belassen, sondern die Ungerechtigkeit, von der die (Gastarbeiterin-) Frau betroffen war, in Zahlen belegt: Z.B. Die Unterschiede im Verdienst.“
Den ENSEMBLE-Preis 23 in der Kategorie Audio bekamen Malcolm Ohanwe, Marcel Aburakia und Mitsuo Iwamoto für ihre Feature „Rassistischer Anschlag in München - Eine Neue Art des Terrors, Teil 1 & 2“, veröffentlicht am 15. und 22.07.2021 in dem funk-Podcast „Kanackische Welle“. Nachzuhören unter:
In der Begründung der Jury heißt es unter anderem:
„Der Beitrag ist spannend aufgebaut. Die O-Töne sind teilweise ergreifend. Die Hintergrundinformationen sind gut recherchiert, kritisch und verständlich. Die Gespräche mit den Angehörigen sind respekt- und verständnisvoll. Auch sechs Jahre nach dem Anschlag erfahren Hörer*innen neue Details über den Fall, die den Wunsch erwecken, alles - Benennung „Amoklauf“ des Falls, die Benachrichtigung der Angehörigen, die Berichterstattung, und vieles mehr – zurückzudrehen und neu und richtig zu handeln.“
Martin Grasmück, der Intendant des Saarländischen Rundfunks, erklärte nach der Doppel-Preisverleihung:
„Der Saarländische Rundfunk ist großer Unterstützer des Nachwuchspreises ENSEMBLE. Der Preis geht auf den verstorbenen SR-Journalisten Bernd Weiland zurück, der bis heute vielen als Reporter und Moderator von SR 3 Saarlandwelle bekannt ist. Das Anliegen des Journalisten-Preises, den Zusammenhalt in der Gesellschaft zu fördern und zu festigen, ist auch Kern unseres Auftrags als öffentlich-rechtlicher Sender. Ich gratuliere allen Preisträgerinnen und Preisträgern der Jahre 2021 und 2023 von Herzen“, so der Intendant des Saarländischen Rundfunks, Martin Grasmück. „Ebenso gratuliere ich dem Saarländischen Journalistenverband sehr herzlich zum 75-jährigen Jubiläum. Der SJV ist mehr als eine Interessenvertretung, er ist eine große Solidargemeinschaft. Mit seinem entschiedenen Einsatz für Pressefreiheit und publizistische Unabhängigkeit hat sich der Verband auch immer wieder für die Selbstständigkeit des SR stark gemacht. Dafür bin ich sehr dankbar.“
Nächste Verleihung für 2025 angesetzt
Die nächste Verleihung des ENSEMBLE-Preises wird 2025 wieder von der Saarbrücker Zeitung ausgerichtet. Deren Chefredakteur, Peter Stefan Herbst, betonte:
„Gerade bei Beiträgen zum Thema Integration brauchen wir Journalistinnen und Journalisten, die unverantwortlicher Zuspitzung oder Fake News auf der einen und Schönfärberei der Probleme auf der anderen Seite eine professionelle Berichterstattung und Einordnung entgegensetzen. Hierzu gehört die erforderliche Nähe bei der Recherche ebenso wie die gebotene Distanz bei Aufbereitung der Themen. Das Anliegen des Nachwuchspreises ENSEMBLE unterstützt die Saarbrücker Zeitung sehr gerne. Wir freuen uns, nach der Preisverleihung im Rahmen des 75. Geburtstages des Saarländischen Journalistenverbandes in 2025 wieder Gastgeber der nächsten Preisverleihung sein zu dürfen.“
Bereits im Juli soll die nächste Ausschreibung für diesen von Bernd Weiland gestifteten journalistischen Nachwuchspreis starten. Die Vorsitzende des Saarländischen Journalistenverbandes, Ulli Wagner, erklärte dazu:
„Wir brauchen guten Journalismus sowie gründliche und unvoreingenommene Recherche, um Fake News und vor allem Desinformation wirkungsvoll etwas entgegenzusetzen. Dazu ermutigt der ENSEMBLE-Preis. Er ist ein wichtiger Ansporn, genau hinzuschauen, Verwerfungen aufzudecken, vielschichtig zu informieren und gleichzeitig emotional zu berühren – so, wie dies die ENSEMBLE-Preisträgerinnen und Preisträgern 2021 und 2023 auf beeindruckende Art und Weise gezeigt haben“.