Jury kürt Autorin Alexandra Badea und Übersetzerin Sonja Finck
Saarländischer Rundfunk wieder Mitstifter von Autoren- und Übersetzerpreis
Mit der Preisverleihung in der Alten Feuerwache in Saarbrücken ist am späten Samstagabend, 19. November, das 16. Festival Primeurs zu Ende gegangen. Beim deutsch-französischen Festival für frankophone Gegenwartsdramatik gab es vier Tage lang sechs aktuelle Stücke aus der frankophonen Theaterwelt in Saarbrücken und Forbach zu sehen.
Der mit 3.000 Euro dotierte Hauptpreis für Autorinnen und Autoren ging an die aus Rumänien stammende und in Paris lebende Autorin Alexandra Badea für ihren Theatertext „Aus dem Schatten“ („Thiaroye“). Das „dramaturgisch kunstvoll“ gebaute Stück, so die Jury, erzählt von einem durch französische Kolonialtruppen im Zweiten Weltkrieg verübten Massaker an einer Gruppe von Senegalschützen.
„Die Autorin Alexandra Badea schöpft die Möglichkeiten des Theaters auf brillante Weise aus. In seiner puzzleartigen Komposition vermittelt Thiaroye den großen historischen Stoff anhand von fünf Figuren und bietet durch die Parallelführung mehrerer Zeitschienen zahlreiche inszenatorische Möglichkeiten. Sparsame Dialoge und kraftvolle Monologe, die ein großer Spannungsbogen verbindet, machen sowohl die geschichtlich-politischen Zusammenhänge als auch die Schicksale Einzelner erfahrbar.“
Sonja Finck erhält Übersetzerpreis für "Stacheldraht"
Den mit 1.000 Euro dotierten Übersetzerpreis erhielt Sonja Finck, die den Text „Stacheldraht (Les barbelés)“ von Annick Lefebvre übertrug. Lefebvre hat für ihre genderfluide Figur, die wir in Echtzeit durch die letzte Stunde ihres Lebens und zugleich durch einen scharfsichtig bilanzierenden Monolog begleiten, „eine reiche, rhythmisierte, aus Konzept- und Umgangssprache verschmolzene Kunstsprache“ gefunden. „Soja Finck vermag es, Lefebvres Musikalität und Rhythmik aufzugreifen und in einem ebenso kunstvoll gestalteten wie gut sprechbaren Deutsch wiederzugeben. Sie löst sich dabei vollständig von der Vorlage, findet ganz eigene Wendungen und Bilder, jedoch ohne ihre übersetzerischen Ideen über das Original zu stellen.“ Einer breiteren Leser*innenschaft ist Finck bekannt als deutsche Übersetzerin des Werks der Nobelpreisträgerin Annie Ernaux.
Beide Preise wurden erneut gestiftet vom Saarländischen Staatstheater, den Freunden des Saarländischen Staatstheaters und dem Saarländischen Rundfunk.
Die Mitglieder der Jury
Die Fachjury bestand aus Dr. Yvonne Griesel (Übersetzerin, Übertitlerin, Dolmetscherin und Moderatorin), Andreas Jandl (Übersetzer, Preisträger des Christoph-Martin-Wieland-Übersetzerpreises und des „Eugen-Helmlé-Übersetzerpreises“ 2021), Dr. Gerda Poschmann-Reichenau (Übersetzerin und Dramaturgin) und Alice Buddeberg (Regisseurin).
Der undotierte Publikumspreis ging an das schreibenden Geschwisterpaar Armelle & Emmanuel Patron für „Die lieben Eltern“ („Les chers parents“), eine in Paris bereits gefeierte Komödie mit Tiefgang, die am Beispiel einer vom Lottogewinn heimgesuchten Familie nach der Verantwortung fragt, die Reichtum mit sich bringt. In der Alten Feuerwache als szenische Lesung eingerichtet hatte das Stück die junge Regisseurin Lucia Reichard, Übersetzung: Kim Langner.
Sämtliche Wettbewerbsstücke des Festivals wurden durch Übertitelung zweisprachig präsentiert, Publikumsgespräche und Ansprachen wurden live gedolmetscht. Im Le Carreau – Scène nationale de Forbach et de l'Est mosellan konnte das Publikum das Stück „Sprechzimmer“ („Parloir“) auf Französisch mit deutschen Übertiteln verfolgen, ein Gastspiel der Compagnie Magique-Circonstancielle, alle weiteren Stücke wurden in der Alten Feuerwache in Saarbrücken präsentiert, auf Deutsch mit französischen Übertiteln, darunter das Live-Hörspiel von SR 2 KulturRadio „Goldmädchen“ von Sébastian David (nachzuhören in der ARD Audiothek).
Das 16. Festival Primeurs wurde ausgerichtet von Le Carreau – Scène nationale de Forbach et de l'Est mosellan, dem Institut français Saarbrücken, dem Saarländischen Rundfunk (SR 2 KulturRadio) und dem Saarländischen Staatstheater.