Am Montag vom SR im Ersten: "Europa wählt. Europas Jugend – Europas Zukunft?"
Stell dir vor, es ist Europawahl – und vielen ist es einfach egal! 2014 war die Wahlbeteiligung vor allem bei jungen Menschen erschreckend gering. Ist Europa bei der Jugend out? Oder ist es so selbstverständlich, dass vielen gar nicht klar ist, wie sehr frühere Generationen für die heutige EU kämpfen mussten? Gibt es ein ähnliches Phänomen wie bei den Kirchen, Vereinen und Parteien? Die Ideen finden viele gut, aber die Institutionen werden abgelehnt?
Dabei gibt es durchaus junge Menschen, die sich sehr aktiv engagieren. Teens und Twens, die überzeugt sind, dass Europa ihr Leben und das von Millionen anderen verbessert hat. Auf der anderen Seite kämpfen aber auch viele lautstark und mit Leidenschaft gegen die europäischen Einigung – weil sie um ihre nationale Identität fürchten oder schlechte Erfahrungen gemacht haben: mit der Brüsseler Bürokratie, den Auswirkungen der Globalisierung oder den brutal durchgesetzten Reformen für mehr „Wettbewerbsfähigkeit“ – besonders im Rahmen der Euro-Krise.
In den sozialen Medien für Europa werben
Wir treffen junge Aktivistinnen und Aktivisten, die von der europäischen Idee begeistert sind. Wie Vincent-Immanuel Herr und Martin Speer. Die beiden setzen sich in ihrem Aktivistenteam Herr und Speer für kostenlose Interrailtickets für alle jungen EU-Bürgerinnen und Bürger ein. Ihr Motto: Begegnung baut Vorurteile ab. Oder Diana zur Löwen. Über 700.000 Menschen folgen der 23-jährigen auf Instagram. Eigentlich beschäftigt sich die „Influencerin“ aus Köln mit Mode und Kosmetik. Aber sie engagiert sich auch für Europa und informiert ihre Follower über die bevorstehende Wahl – auf ihre ganz eigene Art.
Manche wollen sich auch beruflich ganz der europäischen Idee verschreiben. Bettina Wolff ist eine von ihnen. Sie studiert „Migration und Mediation im Mittelmeerraum“ in Venedig und hat während eines Auslandsstudiums in Großbritannien „Young European Movement Warwick“ gegründet, eine überparteiliche Plattform für junge Menschen. Bettina hat leidenschaftlich gegen den Brexit gekämpft und diesen Kampf doch verloren. Wir zeigen, was sie alles unternimmt, um das Schiff Europa wieder auf Kurs zu bringen.
Natürlich schauen wir auch ins Europaparlament, wo der Altersdurchschnitt der Abgeordneten bei 54 Jahren liegt. Tiemo Wölken ist mit 33 einer der Jüngsten. Der SPD-Politiker versucht durch soziale Medien wie Twitter, Instagram und Facebook junge Menschen für Europapolitik zu begeistern. Sein Eindruck ist, dass viel zu oft die Alten Entscheidungen treffen, deren Konsequenzen die Jungen ausbaden müssen.
Viele Jugendliche sind unzufrieden
Wir sprechen aber auch mit Jugendlichen, die unzufrieden mit der EU- Politik sind und sich ein anderes Europa wünschen.
In Griechenland begegnen wir jungen Menschen, die ihre Hoffnungen in und auf Europa verloren haben: Jobs sind rar, die Jugendarbeitslosigkeit hoch und die Aussichten schlecht. Die Langzeit-Folgen der „Reformen“, die in der Finanzkrise nicht zuletzt von Deutschland erzwungen wurden. Viele junge Griechen haben das Land schon verlassen, andere sitzen auf gepackten Koffern.
In Ungarn kommt Kritik von rechts. Regierungschef Viktor Orbán macht mit seiner Fidesz-Partei mobil gegen die EU und setzt auf mehr Nationalismus. Wir sprechen mit jungen Orbán-Anhängern und fragen, warum ihnen nationale Identität so wichtig ist und wieso sie diese durch die EU bedroht sehen.
Die Zukunft der europäischen Idee
Durch die jungen Protagonistinnen und Protagonisten von der Oberstufe bis Anfang 30 und ihre persönliche Sicht der Dinge entsteht ein sehr buntes Kaleidoskop an Einschätzungen und Erfahrungen pro und contra EU.
Europas Jugend – Europas Zukunft? Julia Lehmann und Tobias Seeger vom Saarländischen Rundfunk haben sich mit Kamera und Mikrofon auf den Weg gemacht, um herauszufinden, wie Jugendliche Europa im Alltag erleben – oder erleiden. Sie fragen, warum so viele die Bindung zu Europa verloren haben und was sich bei der EU als Institution und Projekt ändern muss, wenn sie das Vertrauen der jungen Menschen zurückzugewinnen will. Denn von ihnen hängt es ab, ob die europäische Idee nur eine Phase nach zwei schrecklichen Weltkriegen war – oder ob sie tatsächlich eine Zukunft hat.
Am Montag, 6. Mai, 22.45 Uhr, vom SR im Ersten. Von Julia Lehmann und Tobias Seeger.