Literatur im Gespräch: „Schreibübung – Ein langer Brief und ein Gedicht von Erwin Stegentritt“
„Am 6. Juli 1964 hast du mir den ersten Brief geschrieben, am 31. Oktober 1969 schreibst du mir den letzten. Im Dezember 1981 schreibt mir dein Mann, daß du gestorben bist.“ Ein Mann erinnert sich an eine fast ein halbes Jahrhundert zurückliegende Begegnung mit einer Frau. Er, damals ein junger, kaum achtzehn Jahre alter Deutscher, sie eine 10 Jahre ältere französische Schriftstellerin: „Ich erinnere mich so genau, weil es eine Explosion gewesen ist.“ Zu hören am Dienstag, 15. März, 20.04 Uhr auf SR 2 KulturRadio.
Sie, das ist die 1936 geborene und 1981 gestorbene Agnès Rouzier, die nur einen Roman veröffentlichte („Non. Rien“ [1974]) und fiktive Antwortbriefe an Rilke („Lettres à un écrivain mort“ [1981]), sowie posthum eine Sammlung von Aufsätzen zur Literatur („Le fait même d’écrire“ [1985]). Fast 300 Briefe hat sie in fünf Jahren an ihn geschrieben, er hat geantwortet. Doch Jahrzehnte später schreibt er ihr erneut, diesmal in Form eines Tagebuchs, nachdenkend über diese Beziehung, die sein Leben prägte und auch eine éducation litteraire gewesen ist: „Fixpunkt bist du mir gewesen, in der Schulzeit, im Studium, in der Armee, im Krankenhausdienst, auf der Krebsstation. (…) Die Erfindung und die Erinnerungen sind stark.“
Erwin Stegentritt lebt in Saarbrücken. In seinem seit 1970 bestehenden AQ-Verlag veröffentlichte er eigene Bücher sowie Werke unter anderem von Christian Boltanski, Helmut Federle, Jochen Gerz, Reinhard P. Gruber, wissenschaftliche Reihen zur Computerlinguistik und zur Nordistik, sowie Dokumentationen über Kunstrichtungen wie Cut-Up, Fluxus, der Russischen Moderne oder kürzlich zur Geschichte des Saarbrücker Sog.-Theaters.
„Literatur im Gespräch“ am Dienstag, 15. März, 20.04 Uhr, auf SR 2 KulturRadio zu „Schreibübung – Ein langer Brief und ein Gedicht von Erwin Stegentritt“, Lesung und Gespräch, Gesprächspartner ist Ralph Schock.