Anatol Nitschke, Anja Dihrberg, Devid Striesow, Hannelore Hoger und Jakob Lass bilden die diesjährige Hauptjury (Foto: P. D'Angiolillo)

„Am Ende sind wir verheiratet“

Das Gespräch führte Annabell Brockhues  

Ein Produzent, ein Regisseur, eine Casterin, zwei Schauspieler – so setzt sich die diesjährige Jury für den Wettbewerb Langfilm zusammen. In vier Tagen guckt sich die Jury alle 16 Langfilme an, Freitagnacht fällt die Entscheidung. Ein Gespräch.


SR-online: 16 Filme in vier Tagen, weiß man am Abend noch, was man gesehen hat?

Anja Dihrberg: Ja.

SR-online: Ja? Sie sagen das so überzeugt.

Max Opjüls Preis 2015
Die Langfilmjury
Zwei Schauspieler, eine Casterin, ein Produzent und der Vorjahresgewinner des Max Ophüls Preises entscheiden in diesem Jahr darüber, welcher Film den begehrten Hauptpreis des Festivals erhält.

Anja Dihrberg: Ja. Ich erinnere mich noch sehr detailliert daran, was ich gestern gesehen habe. Und heute kommt es noch viel deutlicher hoch. Wenn Sie mich Freitag noch einmal fragen würden, würde ich anders antworten.

Hannelore Hoger: Die Festplatte ist noch nicht übergelaufen.

SR-online: Machen Sie sich nach dem Film Notizen?

Hannelore Hoger: Der eine macht sich Notizen, der andere hat es im Kopf. Wir sind fünf Individuen, es machen alle anders. Heute Abend haben wir sechs Filme gesehen, dann treffen wir uns zu einer Reunion und besprechen uns.

Anatol Nitschke: Wir lassen über unseren ersten Eindruck schon Sätze fallen nach dem Film. Ich nehme mir auch abends Zeit, wenn ich um zwei Uhr in mein Hotelzimmer komme, und schreibe mir das ein oder andere auf.

SR-online: Sie sind Produzenten, Regisseure, Schauspieler, Caster – wenn Sie einen Film schauen, achtet dann jeder auf seine Profession?

Anja Dihrberg: Die Aufgabe ist es ja, den Gesamtfilm im Blick zu haben. Aber natürlich habe ich auch meine Profession im Blick, das Augenmerk liegt schon auf den Schauspielern. Denken kann man immer schwer abstellen.

Anatol Nitschke: Ich versuche immer, das abzustellen und einen Film nicht als Produzent zu sehen. Ich freue mich, einen Film zu sehen. Und ich analysiere ihn nicht, wenn er funktioniert, und auch nicht, wenn er nicht funktioniert.

Hannelore Hoger: Die Schauspieler zu kritisieren, ist immer schwierig. Die können am wenigsten was dafür, wenn ein Film nicht funktioniert.

SR-online: Gehen Sie immer alle zusammen in die Vorstellungen?

Hannelore Hoger: Ja, immer alle zusammen. Und am Ende der Woche sind wir verheiratet.

Anja Dihrberg: Das ist ja die Idee. Wir sitzen auch immer nebeneinander.

SR-online: Wird dann auch getuschelt während des Films?

Jakob Lass: Wie, gefummelt? (lacht) Hier muss man sich konzentrieren, da kann man nicht tuscheln.

SR-online: Was macht denn für Sie einen guten Film aus?

Anja Dihrberg: Das kann ich so theoretisch nicht sagen. Es gibt keine komplett objektiven Kriterien.

Anatol Nitschke: Ein Kriterium ist für mich: Der Film muss immer etwas haben, das mich überrascht. Zum Beispiel eine Figur, die ich mir so nicht hätte ausdenken können. Aber das ist nur eines von vielen Kriterien.

Hannelore Hoger: Ich schätze, wenn Poesie aufkommt.

Jakob Lass: Von einem guten Film bleibt auch nach dem Screening etwas haften über die Zeit hinaus.

Hannelore Hoger: Die Filme sind hier alle wie ein Überraschungsei.

Anja Dihrberg: Wir feiern vier Mal am Tag Weihnachten. An dieser Stelle ein großes Kompliment für das Festival. Die Filmauswahl ist spannend und interessant. Wir werden gut betreut und sind etwas wie in Watte gepackt. Ich wäre gerne immer Jury.

Hannelore Hoger: Der Dank geht auch an die Sponsoren. In diesem Jahr wurde die Audiodeskription eingeführt, und die kostet viel Geld. Aber das finde ich gut. Für sowas könnten die Sponsoren das Portemonnaie ruhig etwas weiter öffnen.

SR-online: Vielen Dank.

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