Wartezimmer einer Kinderarzt-Praxis (Foto: IMAGO / Funke Foto Services)

Verbliebene Kindernotdienst-Praxen bewältigen höheren Andrang

Thomas Braun   03.02.2024 | 09:58 Uhr

Im Kindernotdienst im Saarland sind abends und an den Wochenenden seit Jahresbeginn nur noch zwei Bereitschaftspraxen besetzt. Aus Sicht der Kinderärzte hat sich die Umstellung bereits bewährt - auch wenn der Andrang in den verbliebenen Bereitschaftspraxen größer geworden ist.

Seit dem 1. Januar ist die kinderärztliche Bereitschaftspraxis im Saarlouiser Marienhaus-Klinikum geschlossen. Eltern kranker Kinder bleiben damit noch zwei spezialisierte Notdienstpraxen im Saarland: Auf dem Neunkircher Kohlhof und auf dem Saarbrücker Winterberg.

Ein Drittel weniger Bereitschaftsdienste

Zu groß war die Belastung für die Kinderärzte und ihr Personal geworden, die viele Zusatzdienste neben dem normalen Praxisalltag kaum noch stemmen konnten. Vor diesem Hintergrund hat sich die Umstellung bereits bewährt, wie der Sprecher der Kinder- und Jugendärzte im Saarland, Benedikt Brixius, auf SR-Anfrage berichtet.

"Auf jeden Fall ist die Entlastung bei den Diensten zu merken. Es sind ungefähr ein Drittel Dienste weniger für alle", sagt Brixius. "Auch für die Mitarbeiterinnen war das eine heftige Belastung. Die ist jetzt spürbar weniger - wenngleich sie immer noch auf hohem Niveau liegt."

Höherer Andrang auf dem Kohlhof und dem Winterberg

Erwartungsgemäß sei der Andrang in den beiden verbliebenen Bereitschaftspraxen "ganz klar mehr geworden". Es sei aber eine jahreszeittypische Situation. "Es ist nicht so, dass sich die Patientenzahlen von Saarlouis in vollem Umfang auf die Bereitschaftspraxen am Kohlhof und auf dem Winterberg aufgeteilt haben."

Weitere Kinderärzte gehen in Rente

Brixius will auch nicht ausschließen, dass in den kommenden Jahren weitere Kürzungen beim kinderärztlichen Notdienst anstehen. "30 Prozent der Kinderärzte werden in den nächsten fünf Jahren in Rente gehen. Und wir werden nicht alle Stellen nachbesetzen können", gibt Brixius zu bedenken.

Die Frage, ob dann zusätzlich noch eine Notdienstpraxis schließen muss, werde sich stellen.

"Unser Vorschlag war, dass wir perspektivisch die Notdienstzeiten einschränken. Das wiederum war für die Kliniken personell nicht zu leisten, die dann vermehrt die Randzeiten hätten übernehmen müssen", so Brixius.

Gesundheitssystem vor dem Kollaps

Vor einer Woche hatte ein breites Bündnis von Ärzten, über Apotheker und Kliniken bis hin zu Sozialverbänden vor einem Zusammenbruch des Gesundheitssystems im Saarland gewarnt. Sie fordern dringend eine Reform, um die Versorgung aufrecht erhalten zu können.


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